Junge Eltern

Das Leben wurde lebendiger, fröhlicher und freier!

Mit der großen Schottischen Karre ging es durch die Straßen. Die Mädels quetschten sich auf die Ladefläche zwischen den Papierrollen und Tintenfässern. Es ging immer schneller und schneller. Auf Einmal waren die zwei vorderräder über die Kaimauer und die Karre ragte über das Wasser. Die Mädchen kreischten und die jungen Männer rissen die Karre unter Aufbietung aller Kräfte wieder über den Rand der Kaimauer zurück. Das Spiel wiederholte sich mehrere Male, bis die Mädchen nasse Hosen hatten.
Es war ein schöner Frühlingstag mit blauen Himmel. Anni lief einem eleganten Mann mit einem Bowler Hut hinterher. Der abgerundete Zylinderhut war modern. Sie in ihrer Hochmut gab dem Hut einen kleinen Stups mit ihrem Regenschirm. Der Mann drehte sich um, zog sein Kinn hoch und rückte seinen Hut wieder gerade. Dann ohne ein Wort stolzierte er weg von dem Gekicher der kleinen Horde junger Fräuleins. Es waren die Teenager von damals.
Anni und ihre Schwester Olga liebten das Tanzen. Tango, Walzer, Foxtrott und Charleston waren modern in den 20er Jahren. Die junge prosperierende Gesellschaft genoss das Leben. Sie tanzten die ganze Nacht. Manchmal ging es in den Sagebiehl, am Dragonerstall und jeden Samstag in Jakob an der Elbchaussee. Auch die Reeperbahn hatte viel zu bieten, im Trichter, Alkarzer und auch im Hofbräuhaus konnte man einen schönen Abend verbringen.
Familie Behrens legte einen gewissen Wert auf gutes Wohnen. Täglich frische Butter auf dem Tisch und Abends gab es einem oder zweier Biere für den Herren des Hauses. Rudolf war sangesfreudig und zu Hause mussten auch die Kinder mit anstimmen. Alle sangen dann im Chor was sie in der Schule gelernt hatten. Die Vater wie auch die Mutter sangen auch immer gerne mit auch manchmal nur die Mädchen Anni und Olga und die Mutter Katharina.  
“Da wo man singt da lass dich nieder. Böse Menschen kennen keine Lieder.”
Am Wochenende kamen kamen Sänger in die Innenhöfe und sangen für einige Pfennige ihre Lieder. Der Leierkastenmann kam mit seinem Musikinstrument vorbei. Die Leute warfen ihnen aus den Fenstern Geldstücke zu, die in Papier gewickelt wurden, damit sie nicht davon trudelten.
Bettler bekamen immer etwas zu essen. Was nicht jedem Trunkenbold zusagen. An einem Sommerabend bekam ein Bettelfreund ein belegtes Rundstück zu geschmissen, welches er wütend am Türpfosten klebte. Das war zu viel für den Putzteufel Katharina und sie verjagte den Bettler mit dem Besen die Straße runter. Schmutz war der Feind. Sie regte sich auch über den Untermieter auf wenn er seine nassen Socken zum Trocknen auf ein Band hinter den Kleiderschrank hängte. Auch ihr Mann durfte seinen fettigen Kopf nicht an die Wand lehnen sonst würde er die schöne Tapete beschmutzen.
Alle in der Familie hatten Spitznamen. Die Eltern waren der Olle und die Olle. Walter war Münchhausen wegen seiner vielen Geschichten. Anni war Pickabello, wegen ihrer Pickel während der Pubertät. Olga war Hahn Gockel, sie war diejenige, die vor überschäumender Freude juchzte und krähte und dann zu Tode betrübt sein konnte.
Walter’s guter Freund Gerald mit dem er zur See gefahren nannte man Buster. Gerhard sah aus wie Buster Keaton, wenn er Faxen machte. Seine komödiantischen Gesichtszüge machte dann aus Gerhard Brinkmann zu dem Doppelgänger des amerikanischen Schauspielers.
Wie immer mit großem “Hallo”, kam Walter nach Hause. Geld schmiss er auf dem Tisch und dann tanzt mit seiner Mutter Katharina und seinen Schwestern Anni und Olga durch die engen Räume der Mietwohnung unter dem Michel in den Häusern der Schiffszimmerer Genossenschaft. Buster, klinkte sich mit ein. Ein Mann, groß, schlank, hohe Stirn und dunkles, volles nach hinten gekämmtes Haar. Dann gab es etwas zu Essen und alle saßen nun in froher Runde.
Walter kannte seine Schwestern gut und kümmerte sich viel um sie. Eines Tages entschied er das Gerhard aus Stettin der richtige Mann für seine Schwester Anni war. Selbst „das Gewitter, der Olle Rudel“ war glücklich, dass sein Sohn Walter wohlbehalten von der Seefahrt nach Hause gekommen war.